Infobrief Nr. 6 August 2018

Informationsbrief Nr. 6
August 2018

 

keine Perspektive in Flüchtlingslagern – neue Mitarbeiterinnen bei Hêlîna Sêwîya

 

Liebe Freunde von Hêlîna Sêwîya,

Ende Mai konnte Irfan Ortac wieder den Nordirak  und unsere drei Waisenhäuser in Schechan, aber auch das Flüchtlingslager Essian besuchen, und über die Lage berichten…

 

Neue Mitarbeiterinnen bei Hêlîna Sêwîya

Wir konnten zusätzlich zu den schon vorhanden zwei pädagogischen Mitarbeiterinnen drei weitere einstellen, die intensiv mit den Kindern in unseren Waisenhäusern arbeiten. Sie organisieren nicht nur sinnstiftende Freizeitaktivitäten, sondern kümmern sich auch um Bildung. So können die Fachkräfte den Kindern Nachhilfe während der Schulzeit und Englischkurse während der Schulferien anbieten.

 

Auch wenn die Kinder gut zwei Jahre nach Gründung unseres ersten Waisenhauses heute viel fröhlicher und gelöster wirken, sind viele davon stark traumatisiert, weil sie teilweise Vater oder Mutter verloren oder die Vertreibung und Flucht miterlebt haben. Sechs der Kinder waren zusammen mit ihren Müttern zwei Jahre und sieben Monate in der Hand des IS.
Unsere finanzielle Lage ist relativ stabil, es gibt aber noch Waisen, die einen Platz suchen. Und wir hoffen weiter auf Spenden, um auch besonderen Bedürfnissen gerecht werden und den Kindern eine echte Zukunftsperspektive bieten zu können …

 

 
Mona wurde zusammen mit ihrer Mutter durch den IS misshandelt und ist dadurch so schwer traumatisiert, dass sie dringend eine Einzeltherapie mit einer speziell ausgebildeten Kinderpsychologin braucht.

 

  
Fawaz hat schon vor der Flucht vor dem IS gestottert, stottert jetzt aber so, dass es ihn stark beeinträchtig. Durch einen guten Logopäden könnte ihm geholfen werden. Da es solche im Irak aber nicht gibt, überlegen wir, ob wir Fawaz nach Deutschland oder einen Logopäden nach Schechan bringen können.

 

Lage der Eziden im Nordirak

Der Konflikt zwischen der Republik Irak und der nordirakischen Autonomieregion nach dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum im Juni 2017 hat sich entspannt, nachdem Bagdad die Kontrolle über die umstrittenen Gebiete gewonnen hat, die bisher vom Nordirak verwaltet wurden.
Allerdings hatten viele Eziden nach dem Sieg über den IS die Hoffnung, in ihre Heimatorte zurückkehren zu können, beispielsweise bei Mosul oder im Shingal im Grenzgebiet zwischen Syrien und Irak. Das scheint aber sowohl von der irakischen Zentralregierung in Bagdad als auch von der kurdischen Autonomieregierung im Nordirak nicht gewollt zu sein, sodass die Flüchtlinge weiter in Lagern feststecken. Dadurch ist die Stimmung vor allem in den Flüchtlingslagern sehr deprimierend und die Flüchtlinge haben keine Bleibeperspektive im Nordirak, falls sich die Lage nicht grundlegend ändern sollte.


Flüchtlingslager in Essian
(40 km südöstlich von Dohuk)

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Sauzel Amer Haidar

Ich komme aus Essian und gehöre zu der Familie von Baba Scheich. Meinen Abschluss als Diplompsychologin habe ich 2017 gemacht. Neben meinem Studium habe ich viel mit Kindern gearbeitet, insbesondere mit Flüchtlingskindern aus Shingal. Wir haben beispielsweise Workshops mit ihnen gemacht, die ihren Horizont erweitern und  ihnen neue Perspektiven eröffnen sollten.
Jetzt arbeite ich mit den Waisenkindern sehr gerne, mache mit ihnen viele Übungen und spiele mit ihnen. Dabei beobachte ich sie und unterstütze sie bei ihren individuellen Entwicklungen. Meinen Beobachtungen nach sind diese Kinder sehr stark traumatisiert. Wichtig ist, dass sie wieder eine Zukunftsperspektive bekommen und Freude am Leben haben.
Solange es den Kindern gut geht, geht es mir auch gut. Ich fühle mich immer befreit, wenn ich sie einen Tag glücklich sehe. An solchen Tagen gehe ich dann auch glücklich nach Hause. Wenn sie hingegen traurig sind, gehe ich auch traurig nach Hause.

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